Außensicht

Stille Nacht, heilige Paktlen: Rettet das Christkind!

Aus ff 51 vom Donnerstag, den 19. Dezember 2024

Früher hätte das Christkindl unsere Geschenke locker in einen Sack gepackt. Heute bräuchte es einen 40-Tonner mit Anhänger, um alle Wünsche zu bewältigen. Und wehe, es bringt nicht ab Werk verpackte High-End-Geschenke, die laut Verpackung „pädagogisch wertvoll“ sind und „unendlichen Spaß“ garantieren. Ein Paar Strumpfhosen? Da landet das Christkind sofort auf der schwarzen Liste – oder kassiert einen bitterbösen Eltern-Post auf Social Media.

Aber mal ehrlich: Wie sind wir hier gelandet? Mein Kind ist noch keine zwei Jahre alt und hat jetzt schon mehr Spielsachen als ich Bücher im Regal (und ja, ich lese wirklich viel). Dabei hatten wir als Eltern einen hehren Plan: nur ein Geschenk pro Anlass. Und dann kamen Omas und Opas. Der Pate. Tanten und Onkel. Die „Ach, das ist nur eine Kleinigkeit“-Fraktion. Am Ende türmen sich die Päckchen höher als der Christbaum, und mein Kind versteht noch nicht mal, was da abgeht.

Geschenke sind nicht mehr das, was sie mal waren. Früher war das Auspacken ein Ereignis. Spannung lag in der Luft, und ja, manchmal waren es Strumpfhosen – aber hey, es waren neue! Und Mama hat gesagt, wir sollen uns trotzdem freuen. Heute ist das Auspacken ein Sprint durch das bunte Papiermeer – der Inhalt verschwindet fast unbemerkt, bevor die nächste Schleife schon gelöst ist. Ich wünsche mir, dass mein Kind lernt, sich über das, was es bekommt, wirklich zu freuen – und nicht alles sofort erwartet.

Aber wie bringe ich ihm das bei, bevor uns der Konsum überrollt? Geschenke verbieten? Könnte funktionieren – aber nur bis die Kusinen mit dem großen Lego-Raumschiff aufkreuzen und mein Kind mich fragt, warum es nichts bekommen hat. Eine große Sache von allen zusammen? Haben wir schon versucht, ist mäßig angekommen (bei den Schenkenden, wohlgemerkt). Ich werde weiter überlegen, wir stehen ja noch am Anfang. Ich habe Hoffnung, dass wir das Christkind vor dem Wahnsinn der Wunschlisten retten können, noch bevor Weihnachten endgültig zum ­Logistik-Horror wird. Vielleicht braucht es wieder mehr Mut zur Bescheidenheit – und ein Christkind, das Glitzerstrumpfhosen mit Liebe statt mit Lieferschein bringt.

von Karin Köhl | Nachrichtenredakteurin beim Südtirol Journal und freie Journalistin

Leserkommentare

Kommentieren

Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.