Bischof Ivo Muser hat die Menschen in der Diözese um Verzeihung für seine Fehler gebeten. Was er falsch gemacht hat und was er anders machen will.
Außensicht
Maturabälle: Die Reifeprüfung
Aus ff 05 vom Donnerstag, den 30. Januar 2025
Stellen Sie sich vor, Sie sind Chef einer Eventhalle, Sie richten Konzerte und Filmabende aus, manchmal eine Gala für lokale Wirtschaftsgrößen. Da sitzen eines Tages fünf Schüler vor Ihnen mit einer Idee: Ein Festl würden sie gern ausrichten, ein halbes Dutzend Stände und Bars auf zwei Stockwerken, auch eine Disco soll es geben, dazu ein dreigängiges Menü und reichlich Alkohol. „Aha“, sagen Sie, „macht ihr das öfter?“ Nö, sagen die Kids, wir machen das zum ersten Mal – und hätten gern 1.000 Gäste.
Würden Sie den Teenagern wortlos die Tür zeigen? Oder ihnen nahelegen, für den Anfang eine Geburtstagsparty zu planen, mit 20 Leuten vielleicht? Sie müssen nicht antworten, das tun andere: Seit Jahrzehnten gehören Maturabälle zum festen Bestandteil der Reifeprüfung und niemand hat ein Interesse daran, das Bällebad zu leeren. Zu viel Geld hängt daran, Plakate wollen bedruckt, Stamperlen befüllt werden. Selbst wenn es am Ende so zugeht wie im Brixner Forum: Dieses Mal hatten die Veranstalter zu viele Karten verkauft, 200 betrunkene Jugendliche wollten sich wütend Eintritt verschaffen, während sich drinnen eine 15-Jährige auf dem Klo ins Koma soff. Am Ende machte die Polizei die Musik aus, während sich die Eltern am Kopf kratzten: Was war denn überhaupt passiert?
Passiert ist ein Fehler im System. Zwar tragen auch Jugendliche Verantwortung: Niemand muss so viel trinken, dass man am Urinal einschläft. Niemand muss mit zerbrochenen Flaschen hauen, um Walzer zu tanzen. Aber was erwarten wir eigentlich von Veranstaltungen, bei denen wir Kinder in Abendkleidung in die Rolle von Eventmanagern zwingen? Es ist ein Wunder, dass nicht mehr Maturabälle eskalieren, nicht mehr Menschen mit gepumpten Mägen und aufgeschnittenen Händen im Spital landen. Die Verantwortung dafür tragen alle, die Tradition sagen und ein gutes Geschäft meinen: Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich auf Bällen um vier Uhr morgens eine Industrie-Spülmaschine mit Weingläsern befüllte, während feiernde Schüler hinter einen Heizkörper kotzten. Waren wir reif genug? Natürlich nicht. Aber reifer als eine Gesellschaft, die solche Bälle für eine gute Idee hält.
von Anton Rainer | Stellvertretender Leiter des Ressorts Kultur beim Spiegel in Hamburg
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