Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Aus ff 08 vom Donnerstag, den 22. Februar 2018

Renzo Caramaschi und Georg Mair
Hat Renzo Caramaschi (im Bild vorne) etwas weitergebracht in den vergangenen anderthalb Jahren? Und was hat er noch vor? Georg Mair (hinten) hat versucht, all das herauszufinden. Dafür hat er sich unter anderem mit dem Bürgermeister zum Gespräch getroffen. Caramaschi meint: „Ich bin zu schnell für den Gemeinderat.“ © Alexander Alber
 

Grenzen überschreiten und Grenzen überwinden, das gehört irgendwie zum Menschen dazu. Zugegeben, die einen können es, die anderen wollen nicht. Der Großteil der Südtiroler zählt ja bekanntermaßen zu jener Kategorie, die das Land gerne als eine, von der Außenwelt abgeschlossene Insel sehen. Wer sich darüber hinaus wagt, ist entweder ein Held – oder ein Deserteur.
Alexander Kratzer zum Beispiel hat in Südtirol oft das Gefühl, „als würde es nur Südtirol geben, als begrenze eine Mauer dieses Land“. Der ­Innsbrucker Regisseur inszeniert zurzeit sein drittes Stück über Südtirol: „Wir. Heute! Morgen! Europa!“. Es geht darin um Identität, Minderheiten und natürlich Autonomie; zehn Menschen aus ganz Europa hat er dafür ausgesucht.
Georg Mair hat mit Kratzer aus Anlass der Premiere am Mittwoch (nach ff-Redaktionsschluss) ein Interview geführt. „Ich wollte“, sagt Kratzer, „einen Blick über diese unsichtbare Grenze werfen. Denn nur, wenn man sich mit anderen in Beziehung setzt, findet man das Eigene.“ (ab Seite 52)
An Grenzen der etwas anderen Art ist Dunja Smaoui bei der Recherche zu ihrer Geschichte in dieser Ausgabe gestoßen. Darin geht es um professionelles Kuscheln. Sie haben richtig gelesen: Es gibt Menschen, die gegen Geld Fremde streicheln, eine Stunde, 60 Euro. Smaoui hat einen „Profikuschler“ in Innsbruck gefunden und befragt, ebenso eine junge Bruneckerin, die an einer „Kuschelparty“ teilgenommen hat. Warum macht man so was? Gibt es da Regeln? Ist das Ganze eine softe Art der Prostitution? Die Antworten gibt’s ab Seite 32.
Eine Frau, die ihre Grenzen gerne austestet, ist Renate König. Die 49-jährige Meranerin ist ­Steuer- und Wirtschaftsberaterin, sitzt in diversen Aufsichtsräten und hat zwei Kinder. In den vergangenen Wochen und Monaten landete sie immer wieder im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen in den Schlagzeilen. Sie wurde lange als mögliche SVP-Kandidatin für den Senatswahlkreis West gehandelt. Dass es am Ende nicht geklappt hat, kommentiert sie so: „Es gibt ein weinendes und ein lachendes Auge.“ Alexandra Aschbacher hat König in Meran getroffen – und das aktuelle ff-Porträt über sie geschrieben: ab Seite 56.
Die Südtiroler Grenzen hinter sich gelassen hat Daniela Prugger, und das gleich in zweifacher Hinsicht. Die junge Olangerin besucht zurzeit die ­Reportagenschule Zeitenspiegel in Reuttlingen. Für eine Reportage hat sie sich nach Leros aufgemacht, die griechische Insel im Ägäischen Meer. Seit dem EU-Türkei-Deal sitzen dort viele Flüchtlinge fest. Prugger wollte wissen, wie es den Menschen dort ergeht. Die spannende und informative Geschichte finden Sie ab Seite 30. 

Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre!

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