Der Südtiroler Alpenverein wird 150, ab Dienstag wird gefeiert. Blöd nur, dass gerade jetzt die Stimmung an der Spitze nicht die beste ist.
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Aus ff 49 vom Donnerstag, den 06. Dezember 2018
das erste Mal den Aufstand probten die Tiroler südlich des Brenners im Jahr 1809. Sie wehrten sich tapfer, aber verloren. Gut anderthalb Jahrhunderte später probten sie das zweite Mal eine Rebellion, im Jahr 1968 und danach. Die Rebellion, die die halbe Welt erfasst hatte, kam auch nach Südtirol. War es nur eine „heiße Viertelstunde“, wie ein Historiker mutmaßte, oder hat die Rebellion der 68er das Land mehr verändert als angenommen?
Das Jahr 1968 steht heute für politischen Aufbruch, für Aufarbeitung der Vergangenheit, Bruch mit erstarrten Traditionen, für die Befreiung des Geistes und der Sexualiät. Es ist ein Jahr, das bis heute für scharfe Kontroversen sorgt. 68 und seine Ideen, so Konservative, sei das Gift, das schleichend die Gesellschaft zerstört habe.
Birgit Eschgfäller, Lehrerin am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Meran, ist die Spezialistin für die 68er-Bewegung in Südtirol. In unserer Titelgeschichte (ab Seite 30) beschreibt sie, wer die Rebellen waren, was sie dachten und was von ihren Ideen geblieben ist. Eschgfäller ist der Meinung: „68 ist auch in Südtirol ein Grund zum Feiern. Und zum Nachdenken. Gerade angesichts der Gefahren für die liberale Demokratie in Europa.“ Ihr Buch über die 68er in Südtirol erscheint in diesen Tagen bei Edition Raetia.
Die 68er-Bewegung hat viele Kinder. Als eines kann man getrost den fairen Handel bezeichnen, den Wunsch nach mehr Gerechtigkeit in der Wirtschaft. Einer, der sich seit vielen Jahren darum bemüht, ist der Mann mit dem Rauschebart – Rudi Dalvai aus Bozen. Mit ihm hat in Italien die Fairtrade-Bewegung überhaupt erst begonnen. Doch was heißt das überhaupt: fairer Handel? Und welche Bedingungen müssen erfüllt sein, dass ein Produkt als fair gehandelt gilt?
Dunja Smaoui beschreibt es etwa am Weg, den Kaffeebohnen vom Produzenten zum Konsumenten nehmen, sie erzählt aber auch davon, wie wenig die Politik den fairen Handel fördert (ab Seite 22). Rudi Dalvai bringt den Unterschied drastisch auf den Punkt: „Wenn ich eine Tafel herkömmliche Schokolade kaufe, hat in der Regel ein Kind dafür als Sklave auf einer Plantage gearbeitet.“
Ein anderes Kind der 68er ist der Umweltschutz. So gesehen sind die Antipestizidrebellen in Mals Nachfahren der Rebellen, die vor 50 Jahren ein anderes Südtirol wollten. Gegen die Lobbys und Monopole, gegen die Monotonie im Land. Monotonie, sagt der Biologe Gerhard Tarmann, herrscht im Land, wenn es um Insekten und Schmetterlinge geht. Er hat vier Jahre lang untersucht, wie es um die Schmetterlinge im Vinschgau steht und warum viele Arten verschwinden. Im Interview mit Dunja Smaoui (ab Seite 44) bringt er es auf den Punkt: „Es ist etwas in der Luft, das man nicht sieht. Die Luft ist kontaminiert mit Spritzmitteln. Und darauf reagieren Schmetterlinge.“
Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre!
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