Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Aus ff 43 vom Donnerstag, den 24. Oktober 2019

Andrej Werth und Marco Angelucci
Ist Alto Adige ­Heimat? Andrej Werth (links) im Gespräch mit Marco Angelucci, Redakteur beim Corriere dell’Alto Adige. © Ludwig Thalheimer
 

die Memc in Sinich, die Fabrik, die Mussolini in den Zwanzigerjahren bauen ließ, ist für die einen ein Ärgernis. Und für die anderen ein Wahrzeichen. Für die deutschsprachigen Südtiroler eine Mussolini-Fabrik, für die italienischsprachigen ein Denkmal der Italianità. Für die einen war Sinich Heimat, ein Biotop, während die Meraner Bürger hochnäsig auf die Proleten im Vorort schauten. Was wird aus der Fabrik? Soll sie gerettet oder geschlossen werden?

Die Geschichte der Memc ist lang und turbu-lent. Norbert Dall’Ò hat sie für die Titelgeschichte in diesem Heft – Die walsche Fabrik – in all ihren Facetten recherchiert: historisch, politisch und wirtschaftlich. Vermintes Gelände, das an ethnische Befindlichkeiten rührt. Die Memc, so sein Fazit, hat nicht nur wirtschaftliche Bedeutung, sie ist mit vielen Emotionen verbunden (ab Seite 28).

Ein ebenso vermintes Gelände sind die Namen in Südtirol. An ihnen entzünden sich schnell Konflikte. So wie am Beschluss des Südtiroler Landtags, das „Alto Adige“ aus einem Gesetzestext zu streichen. Die Südtiroler Freiheit, von der der Antrag kam, hat, im Nachhinein betrachtet, einen guten Job gemacht, die Südtiroler Volkspartei ist tollpatschig in die Falle getappt. Die Reaktionen, national wie international, sind nicht mehr einzufangen. Andrej Werth hat mit Marco Angelucci, Redakteur des Corriere dell’Alto Adige, darüber gesprochen, was es mit den Italienern macht, wenn ihnen das „Alto Adige“ genommen wird. Er sagt, auch „Alto Adige“ ist Heimat (ab Seite 14).

Eine autonome Region wie das Südtirol, das sich um Namen und Industriesymbol streitet, ist die autonome Region Irak-Kurdistan – die Kurden leben im Irak, Iran, in Syrien und der Türkei. Und kämpfen überall um das Recht, selber über ihre Angelegenheiten entscheiden zu dürfen.

Der Journalist Robert Asam, ehemaliger Chefredakteur von Rai Südtirol und jetzt viel unterwegs, hat vor Kurzem Irak-Kurdistan bereist. Nebenan, im syrischen Teil, sind jetzt türkische Truppen einmarschiert. Was macht das mit der Region? Für ff hat Asam seine Eindrücke von der Reise aufgezeichnet und fotografiert. Er beschreibt eine Region im Aufschwung, die von der Autonomie profitiert hat. Es herrscht Frieden, es ist ein prekärer Frieden (ab Seite 18).

Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre

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  • Gotthard Bonell und Georg Mair

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