In den letzten Ausgaben der ff berichteten wir über die Auswirkungen von Corona auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Aus ff 15 vom Donnerstag, den 09. April 2020
wussten Sie, dass es eine Heilige namens Corona gibt? Sie wird auch Stephana genannt, lebte im ausgehenden 2. oder Ende des 3. Jahrhunderts – je nach Quelle in Antiochien, Damaskus, Alexandria oder Sizilien. Mit 16 Jahren starb sie den Märtyrertod, sie wurde Zeugin einer grausamen Hinrichtung eines römischen Soldaten. Sie hat ihn getröstet, ihm Mut zugesprochen. Daraufhin wurde sie festgenommen, verhört und zwischen zwei niedergedrückte Palmen gebunden. Als sie nach oben schnellten, zerriss ihr Leib.
Corona gilt unter anderem als Patronin des Geldes, der Metzger und Schatzgräber und ja, kein Witz, laut Heiligenlexikon ist sie auch Schutzpatronin gegen Seuchen.
Das Ganze ist bizarr. Aber bizarr und surreal ist ja auch die Situation, in der wir uns zurzeit befinden. Die Coronapandemie beeinträchtigt unser aller Leben, auch das kirchlich-religiöse. Welche Herausforderungen stellt diese Situation für das Christentum dar? In Hunderttausenden von Kirchen weltweit finden in der Karwoche und zu Ostern keine Gottesdienste statt. Viele Priester und Pfarrgemeinden feiern ihre Messfeiern im Netz. Aber reicht das aus als Reaktion auf den Ausnahmezustand? Wäre es nicht die Chance, dass sich endlich eine völlig neue, zeitgemäße Identität des Christentums herausbildet? Viele Fragen zu einer komplexen Welt: Unsere aktuelle Titelgeschichte liefert Antworten und Hintergründe dazu (ab Seite 24).
Die moderne häusliche Isolierung ist schlimm, keine Frage. Sie ist jedoch nicht zu vergleichen mit der Quarantäne früherer Jahrhunderte. Damals gab es weder Netflix noch Lieferservice. Wie stark Seuchen wie Pest oder Cholera die Weltgeschichte beeinflusst haben, weiß Elisabeth Dietrich-Daum. Im Interview ab Seite 40 erklärt die Innsbrucker Medizinhistorikerin, warum die Coronapandemie „ein Stresstest für die Gesellschaft und jeden Einzelnen“ ist. Politisch, sagt sie, „ist die Pandemie brandgefährlich“.
In den Zeiten von Ausgangssperren und Kontaktverbot vermissen viele von uns am meisten ihre Angehörigen, ihre Freunde, ja, vielleicht auch die Arbeitskollegen. Die Sehnsucht nach Gesprächen – ohne das Thema Coronavirus – ist groß. Wenn Sie uns Ihre Geschichte erzählen möchten, wen Sie vermissen, schreiben Sie uns einen Brief an alexandra.aschbacher@ff-bz.com oder georg.mair@ff-bz.com. Die bewegendsten Geschichten veröffentlichen wir.
Übrigens, Coronas Namenstag ist am 14. Mai. Wollen wir hoffen, dass sich bis dahin die gleichnamige Pandemie abschwächt. Und: Die Anrufung dieser Heiligen ersetzt freilich nicht Händewaschen und Kontaktvermeidung.
Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre
In eigener Sache: Weil der ff-Verlag in Zeiten von Corona darauf achtet, dass sich so wenige Menschen wie möglich in der Redaktion aufhalten, ist in dieser Zeit auch unsere Korrektorenstelle vakant. Wir bitten Sie um Nachsicht, wenn sich der eine oder andere Fehler zu viel eingeschlichen hat.
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