Das Virus hat dem Journalismus die sinnliche Grundlage entzogen. Aber gerade jetzt sind zuverlässige Informationen überlebenswichtig. (von Ulrich Ladurner)
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Aus ff 16 vom Donnerstag, den 16. April 2020
Corona verzerrt die Wahrnehmung der Zeit. Und es verzerrt den Blick auf die Realität. Während mehr oder weniger die ganze Menschheit sich vor diesem neuen Virus schützen will, tobt in anderen Ländern der wirkliche Krieg. In Afghanistan zum Beispiel geht der gewaltsame Konflikt einfach weiter. Ebenso der Kampf um die libysche Hauptstadt Tripolis. Auch um die Stadt Idlib im Nordwesten Syriens hatte es bis Anfang März noch schwere Kämpfe gegeben. Mittlerweile gilt Waffenruhe. Ebenso im Jemen – ein Lichtblick inmitten des Bürgerkriegs.
Auch die Flüchtlingsproblematik macht wegen Corona keine Pause. Tagelang mussten 150 Migranten an Bord eines deutschen Rettungsschiffes im Mittelmeer ausharren. Der italienische Katastrophenschutz verweigerte dem Schiff die Hafeneinfahrt. Auch die Lage für die Flüchtlinge in Griechenland und in der Türkei wird immer dramatischer.
Das große Ganze gerät zurzeit leicht aus dem Blick. Viele andere Probleme und Krisenherde werden vergessen. Dabei könnte diese Krise helfen, vieles im Leben zu relativieren und einige Schwerpunkte neu zu setzen – ohne freilich die Tragik dieser Krise kleinzureden. Beispiel Bildung: Die Schulen stehen in Zeiten der Coronasperren vor riesigen Herausforderungen. Praktisch aus dem Nichts mussten Lehrer aller Schulstufen der neuen Situation angepasste Lehrangebote entwickeln. Vieles läuft gut, vieles bleibt auf der Strecke. Viele Schüler haben keinen Computer zu Hause, geschweige denn einen Drucker, nicht alle bekommen Unterstützung von den Eltern. Wird aus der Coronakrise eine Bildungskrise? Oder ist diese Zeit eine Chance, das Bildungssystem innovativer zu gestalten? Diesen Fragen gehen wir in unserer aktuellen Titelgeschichte nach.
Die omnipräsente Coronakrise prägt demnach auch diese ff-Ausgabe. In Zeiten, in denen große Unsicherheit und ein hohes Informationsbedürfnis herrschen, versuchen wir Hintergründe und Analysen zu liefern, so auch in der Causa der umstrittenen Schutzmasken aus China, oder was es mit der relativ hohen Anzahl von Toten in Südtirol auf sich hat (ab Seite 18). Wir beleuchten aber auch die Situation der bäuerlichen Direktvermarkter, die zurzeit auf ihrer Ware sitzen bleiben – und nach neuen Vertriebswegen suchen.
Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre
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