Jahrelangem Wirtschaftswachstum stehen im Seuchenjahr 2020 geplünderte Lohnausgleichskassen gegenüber. Warum das zwar legitim ist, aber dennoch zu denken geben sollte.
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
Aus ff 42 vom Donnerstag, den 15. Oktober 2020
sicher spazieren auch Sie manchmal an einem der Caritas-Container vorbei. Die Sammlung von Altkleidern gehört zu den vielen sozialen Diensten, die die Südtiroler Caritas anbietet. Sie ist eine der wichtigsten sozialen Organisationen im Land. Sie hilft Menschen in Not, für sie arbeiten viele Menschen. Gerade in Covid-Zeiten ist sie wichtig.
Wer für eine solche Einrichtung arbeitet, tut es mit Begeisterung, der Lohn ist Geld, aber auch Wertschätzung. Mangelt es an ihr, entsteht Unmut. Wie in der Caritas. Viele Mitarbeiter sind gegangen, viele, die geblieben sind, taten ihren Unmut bei einer Gewerkschaftsversammlung und beim Bischof kund.
Markus Larcher und Andrej Werth sind für die aktuelle Titelgeschichte (ab Seite 28) dem Unmut nachgegangen. In den vergangenen Monaten haben sie sich mit ehemaligen wie aktuellen Caritas-Mitarbeitern getroffen, die eine Sache verbindet: Sie üben am Führungsstil der Direktion scharfe Kritik. Von einem Klima der Angst und Kontrolle ist die Rede. Selbstverständlich kommen auch – im Sinne der journalistischen Fairness – Caritas-Direktor Paolo Valente und Bischof Ivo Muser, oberster Dienstherr der Caritas, zu Wort.
Wie schnell Normalität in Notstand umschlagen kann, zeigt der Fall Sexten. Der Ort wurde, durch Feiern, zu einem Corona-Hotspot. Wie das passieren konnte und was für Schlüsse die Politik daraus ziehen muss, hat Norbert Dall’Ò recherchiert (ab Seite 16). Die Pandemie hat Folgen für Gesundheit und Wirtschaft – wenn die Zahlen wieder steigen wie jetzt, bangt die Wirtschaft.
Abfedern konnte sie die Krise durch den Lohnausgleich. Aber wie gerechtfertigt sind staatliche Hilfen angesichts der guten Gewinne und des fetten Eigenkapitals von vielen Unternehmen? Die Antwort steht in der Geschichte von Alexander van Gerven (ab Seite 25).
Franz Kafka hat schon vor 100 Jahren eine Pandemie erlebt, die Spanische Grippe. Er wäre fast daran gestorben. Erholt hat er sich 1920 in Meran. Georg Mair hat den Kafka-Biographen Reiner Stach (er hat 18 Jahre mit Kafka zugebracht) bei dessen Besuch in Meran gefragt, wie aktuell der Schriftsteller heute noch ist und was er in Meran gesucht hat. Kafka, sagt Stach, „rührt uns heute noch an, die Probleme, die er beschreibt, sind hochaktuell“ (ab Seite 46).
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