Weiße Fensterläden, Stuckverzierungen, Palmen – das Hotel Mondschein gehört zu den prestigereichsten Hotels des Landes. Nun wollen zwei Brüder aus Lana dem Bozner Juwel neues Leben einhauchen.
Flaneid
„Und die Politik tut nix“
Aus ff 07 vom Donnerstag, den 17. Februar 2022
Es herrschten chaotische Zustände im Dorf. Diesmal war aber nicht die Gemeindeführung schuld daran.
Es schneit, und zwar ordentlich“, berichtete Bürgermeister Daniel Grüner und ließ den Vorhang wieder zurückfallen. Der Gemeinde-ausschuss war wieder im Gasthaus Unterganzner zusammengekommen, zu Kaffee und weiteren Amtshandlungen. „Die Leute werden sich aufregen, wenn wir nicht schnell räumen“, fürchtete er. „Tun sie trotzdem“, schätzte Kulturassessorin Klara Teutsch die Lage ein.
„Und wenn wir nichts tun?“, schlug Vizebürgermeisterin Olga Klotz vor, „beim letzten Schneefall haben alle Flaneider spontan mitgeholfen.“ „Genau, da haben die Leute wieder Bürgersinn bekommen“, stimmte Sozialassessorin Milli Minder zu. Grüner freundete sich mit der Idee an und baute sie zu einer Ideologie aus, die das ganze Tätigkeitsprogramm der Gemeinde umfasste: „Wir tun jetzt einfach nix!“
Der Ziggl-Franz hob am Budel sein drittes Glas: „Wissen wir schon, aber müsst ihr es so laut sagen?“ Bauernobmann Emil Harasser, Handwerkerchef Seppl Rohrer und Kaufleuteobmann Helmuth Kramer sendeten böse Blicke Richtung Gemeindeausschuss.
„Nix ist das lateinische Wort für Schnee“, wusste Pfarrer Elmar Kaslatter aus seiner Studien-zeit. Jetzt gefiel Grüner das Ganze erst recht. Schnee stand an der Geburtsstunde seines neuen Konzepts.
Während die Flaneider fluchten, überlegte der Gemeindeausschuss, was man sonst noch alles lassen könnte. „Die Ampel auf der Kreuzung zwischen Haspingerstraße und Kathi-Lanz-Allee“, fiel Klotz ein, „Ampeln sind ja eine Freiheitseinschränkung, und in Zeiten wie diesen mögen die Bürger keine Einschränkungen, sie protestieren sogar dagegen.“ Die anderen grinsten auch. Klotz gab den Beschluss telefonisch weiter: „Sofort!“
Schützenhauptmann Karl Treffer kam zu Grüner und drängte ihn, die Gemeindeverordnung zu den Covid-Maßnahmen bei den Vereins-festen etwas zu lockern: „Soviel Spielraum hast du wohl…“ Er traf auf einen entschlossenen Bürgermeister: „Nix werd’ ich tun! Jedes Mal, wenn ich selber etwas verordne, kritisiert ihr.“
Emil Harasser kam mit dem Relikt einer Stoßstange: „Wer hat die Ampel weggetan? Das wart Ihr! Ich schick’ euch die Rechnung!“ Grüner bog den Finger, der auf ihn zeigte, entschlossen zur Seite: „Warum sollen immer wir für alles verantwortlich sein? Ist es so schlimm, wenn wir euch ein bisschen mehr Eigenverantwortung zutrauen?“ „Soll ich dir die Windeln wechseln?“, setzte Klotz hinzu. Sie war einen Kopf größer als Harasser, sodass dieser wortlos kehrt machte.
„Wir könnten die Gemeindebauordnung aufheben“, schlug Klotz bei der anschließenden Suche nach weiteren Untätigkeiten vor, „jeder baut, wo er will.“ „Super“, sagte Wirt Coelestin Unterganzner. „Gar nichts baust du!“, sagte Frieda Unterfertinger, Vertreterin der direkten Demokratie, und klickte an ihrem Kugelschreiber. Der Gemeindeausschuss erkannte das Konfliktpotenzial und versenkte die Bauordnung mit einem „Prost“.
Das Chaos war perfekt. Auf dem Hauptplatz waren ein paar Autos in--einander verkeilt. Der schneebedingte Stromausfall führte dazu, dass nur Haushalte mit Herd warm und etwas zu essen hatten. Auf den Straßen fehlten Pflastersteine, weil sie zum Werfen gebraucht wurden.
Klotz winkte Theresia Wiedersacher von der Opposition zu ihrem Tisch: „Du, Resi, wenn wir für das Chaos verantwortlich wären – welche Pressemitteilung würdest du dann schreiben?“ Wiedersacher hatte den Text in ein paar Minuten. Klotz bedankte sich und tauschte ein paar Wörter aus.
Am nächsten Tag stand die Protestnote des Gemeindeausschusses in der Zeitung: „Die Bevölkerung hat in dieser Krise wieder einmal total versagt… das programmierte Chaos… komplett unfähig… Versager…“
Der Ziggl-Franz legte die Zeitung wieder weg: „Und ihr wollt wirklich wieder gewählt werden?“
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