Ein Künstler hat es nicht leicht. Vor allem einer wie Jörg Zemmler. Ein Getriebener und Rastloser, der die ganze Energie in seine Arbeit steckt. Und es doch nicht auf der Erfolgsleiter nach oben schafft.
Leserbriefe
Au revoir, Paul
Aus ff 07 vom Donnerstag, den 15. Februar 2018
Zum Tod des Jahrhundertkochs Paul Bocuse: Nachruf der „Exrawurst“ in ff 4/18
Die Beiträge der Extrawurst sind ja manchmal amüsant, wenn auch nicht immer mit den eigenen Erfahrungen gleichlautend. Die Beurteilung eines Gerichts ist ja subjektiv. Die Gastrosophie lehrt uns, welche Einflüsse dabei eine Rolle spielen.
Beim aktuellen Beitrag über Paul Bocuse war ich aber wirklich entsetzt. Da wird er als federführender Erfinder der „Nouvelle cuisine“ gefeiert, obwohl bekannt sein müsste, dass er mit dieser Moderichtung nie etwas am Hut hatte. Siebeck sagte, dieser Unsinn würde wahrscheinlich noch im Nachruf irgendwo abgeschrieben. Wie man sieht, hatte er leider recht.
Wer, wie ich, als Gastronomiehistoriker die Geschichte der französischen Küche kennt, weiß, dass die Erfinder Michel Guérard und die Gebrüder Troisgros waren. In Lyon von „Nouvelle cuisine“ zu sprechen, ist sowieso Blasphemie, und Bocuse war durch und durch ein Vertreter der Lyonnaiser Küche. Er meinte einmal: Ich bin Koch, und meine Aufgabe ist es nicht, eine Erbse in vier Teile zu teilen.
Der letzte Teil des Artikels ist aber unglaublich. Da erzählt der Autor, er hätte vor 30 Jahren in Wien, beim Kellner, der ein Schüler von Bocuse gewesen wäre, was auch nicht stimmt, die berühmte VGE-Suppe gegessen, und sie „handwerklich eine einfache Kuchlgschicht“ gefunden. Heilige Einfalt. Die Suppe hat Bocuse für den damaligen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing erfunden, als er, als erster Koch in der Geschichte Frankreichs, zum Ritter der Ehrenlegion ernannt wurde.
Sie besteht aus Hühnerbrust, Hühnersuppe, frischen Trüffeln aus dem Périgord, Gel—ben Rüben, Sellerie, Champignonköpfen, Noilly Prat, Gänsestopfleber und Blätterteig. Sie ist mit 82 Euro im Menü seines Restaurants in Colonges angeführt.
Es entzieht sich meiner Kenntnis, was der Nachahmerkellner daraus gemacht hat, aber so eine Kopie als Beispiel für diese geniale Erfindung von Bocuse in seinem Nachruf zu bringen, ist unglaublich.
Ich nehme an, der Mann, der sich hinter der „Extrawurst“ verbirgt, hat noch nie eines der Lokale von Bocuse betreten. Schon gar nicht jetzt im Januar, wie noch dazu im Artikel zum Schluss pikanterweise angeführt. Sonst wäre ihm nicht das vor 30 Jahren gegessene Wiener „Gschlader“ in Erinnerung geblieben, sondern vielleicht der Wolfsbarsch in Blätterteigmantel, oder die Bresse Poularde in Halbtrauer.
Der Beitrag zeugt bedauerlicherweise von tiefer Unkenntnis des Themas.
Ferdinand Tessadri, Meran
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