Leserbriefe

Wir sind das Volk

Aus ff 05 vom Donnerstag, den 31. Januar 2019

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Der Brexit und andere Volksabstimmungen: ­Leitartikel in ff 4/19

Das Missverständnis um ­direkte Demokratie geht weiter, wenn man nicht verstehen will. Der Brexit ist kein Beispiel für direkte, sondern für plebiszitäre Demokratie. Der Unterschied ist so groß wie zwischen oben und unten. Direkte wird von unten ausgeübt, plebiszitäre von oben. Die Volksabstimmung zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU war das Ergebnis eines Machtkampfes, sie ist nicht auf Betreiben der Bevölkerung zustande gekommen, die sie gar nicht ­hätte erwirken können.
Die Volksabstimmung 2009 zum Flugplatz, die vom Volk (unten) gewollt war, ­hätte klare Verhältnisse geschaffen, wäre sie nicht in der gesetzlichen Fußangel des Quorums hängen geblieben. Die Volksbefragung 2016 des Landeshauptmannes (oben) hingegen war gedacht, um zu gewinnen. Für eine Niederlage gab es nichts Verbindliches.
Es gibt einen Missbrauch von Volksabstimmungen, so wie es einen Missbrauch von Wahlen gibt. In beiden Fällen mit schlechten Regeln, die von oben festgesetzt sind. Die Antwort ist nicht die Abschaffung von Volksabstimmungen und Wah­len von oben, sondern der Kampf um gute Regeln von unten. Und die goldene
Regel dafür ist, dass man das Festlegen dieser Regeln nicht jenen oben überlässt, die in der Gefahr stehen, diese demokratischen Instrumente für sich zu missbrauchen, sondern jenen unten, die mit ihrem Streben nach Demokratie frei werden wollen von erdrückender und zerstörerischer Herrschaft.
Weshalb versucht man, mit solchen Verdrehungen Stimmung zu machen gegen direkte Demokratie?
Warum fragt man sich im Sinne von besserer und echter Demokratie nicht, was an einem System faul ist, mit dem eine winzige Minderheit die Welt an den Rand des Abgrundes reitet?

Stephan Lausch, Bozen

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