Leserbriefe

Teurer wohnen

Aus ff 39 vom Donnerstag, den 26. September 2019

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Warum der Traum vom Eigenheim für viele unerreichbar ist: Titelgeschichte in ff 36/19.

Manuel Saxl hat in seinem Beitrag „Teures Pflaster“ das sehr komplexe Thema Wohnen aufgegriffen, ein Thema, das nicht nur in Südtirol, sondern wohl in ganz Europa unter dem Titel leistbares Wohnen mehr oder weniger heiß diskutiert wird.

Der Autor bricht die Problematik auf Südtirol herunter, vergleicht die Zustände in unserem Lande mit denen in Wien und anderen Großstädten und stellt in seinem Beitrag im Wesentlichen auf ein Gespräch mit Landesrätin Waltraud Deeg und einem Wiener Fachmann ab, wobei er in einer Art Resümee gleichsam feststellt, dass sich die Landesrätin daran wird messen lassen müssen, wie sie den in Südtirol anscheinend vorhandenen Bestand von 29.000 unbewohnten Wohnungen wieder verfügbar machen werde. Dabei ergeben sich allerdings einige Ungereimtheiten, auf welche im Folgenden eingegangen werden soll.

Landesrätin Deeg erläutert an einer Stelle kurz das Modell der Aufteilung von neu ausgewiesenem Bauland für freien und geförderten Wohnbau und stellt fest: „Dieses Regulatorium ist notwendig und war eines der größten Erfolgsmodelle in den letzten Jahren.“ Hier fehlt der Landesrätin offenbar die historische Kenntnis.

Das Modell wurde unter Landesrat Alfons Benedikter durch eine Gruppe von jungen Vertrauten, denen auch ich angehören durfte, im Jahre 1972 entwickelt und fand seinen revolutionären Niederschlag im Wohnbaureformgesetz vom 22. August 1972, ausgehend von einer ersten Idee meines leider bereits verstorbenen Freundes Ferdinand Willeit, damals Abteilungsleiter im Ressort. Benedikter wollte anschließend in großer Weitsicht die Umsetzung neuer Siedlungsformen auch an internationalen Beispielen besichtigen und lud uns gemeinsam mit Vertretern der Politik zu einer einwöchigen Studienreise nach London ein.

Eine rund zwanzigköpfige Gruppe besichtigte in der ersten Septemberwoche 1972 die damals viel beachteten „New Towns“. Das Datum hat sich mir eingeprägt, weil wir abends nach den Besichtigungen und während unserer Diskussionen zur optimalen Umsetzung des Gesetzes immer wieder die schrecklichen Bilder vom Olympiaattentat vom 5. September 1972 in München auf den Fernsehbildschirmen sahen.

Ein weiterer Hinweis betrifft die vom Verfasser verwendeten Angaben zu den Wohnungsgrößen. Bei den Flächenangaben herrscht in Südtirol eine geradezu babylonische Begriffsverwirrung. Für die Berechnung der Verkaufsflächen gibt es einerseits eine Empfehlung der Makler, dann die sogenannte Konventionalfläche beim geförderten Wohnbau sowie jeglichen Wildwuchs bei den einzelnen Anbietern, die alle auf jeweils ihnen genehme Weise die Verkaufsfläche definieren. Wenn also Herr Saxl von Wohnungsgrößen spricht oder Kosten vergleicht, sollte klar verständlich sein, welche Flächenberechnungen zugrunde liegen, ansonsten werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Die Verweise auf das sogenannte „Wiener Modell“ hingegen zeugen von einer profunden Unkenntnis des befragten österreichischen Fachmannes zur Südtiroler Situation. Er verweist auf negative Beispiele für das Wirken des freien Marktes und benennt als Beispiele Situationen in London, Berlin oder Paris. Dass diese Beispiele allein wegen unserer einschneidenden Baubestimmungen oder der Konventionierungspflicht für einen Großteil des freien Wohnbaus – nachdem bereits 60 Prozent der neuen Flächen an die öffentliche Hand abgetreten werden müssen – einfach nicht brauchbar sind, weiß er offenkundig nicht. Die soziale Durchmischung haben wir dank des oben beschriebenen Wohnbaureformgesetzes 1972 weitgehend realisiert.

Richtig ist sein Verweis auf den mangelnden Platz in Südtirol. Hier sollte endlich darüber nachgedacht werden, wie man das Bauland innerhalb der zukünftigen, vom neuen Landesgesetz für Raum und Landschaft vorgesehenen Siedlungsgrenzen besser nutzen kann, indem zum Beispiel das Stapeln von Funktionen und Einheiten ermöglicht wird, eine höhere Bauweise also. Leider ist das genaue Gegenteil der Fall, Land und Gemeinden überbieten sich mit immer neuen Einschränkungen für das Bauen in diesem Bereich und führen somit das Ganze ad absurdum, wie leider so manches andere in dieser neuen Gesetzgebung.

Siegfried Unterberger, Meran

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