Leserbriefe

Ein Recht auf Gegenwart

Aus ff 19 vom Donnerstag, den 07. Mai 2020

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Welchen Stellenwert haben Kinder und Familien in der Politik. Leitartikel in ff 17/20

Marlene Rinner, Wnet-networking women, Bozen:

Mit großem Einsatz und auch Druck setzen sich die Südtiroler Wirtschaftsverbände bei der Politik für die Aufnahmen der Tätigkeiten ihrer Interessengruppe ein. Berufstätige Eltern sollen und wollen wieder zurück an ihre Arbeitsstelle. Doch was geschieht mit den Kindern, wenn Kitas, Tagesmütter, Kindergärten, Schulen und Großeltern

nicht zur Verfügung stehen? Bei wem wird die Betreuungsarbeit und das Homeschooling in der Covid-19 Phase 2 hängen bleiben? Wohl bei dem Elternteil, der in Teilzeit arbeitet oder weniger verdient.

Vielfach trifft es Frauen. Wenn nicht geeignete Maßnahmen gesetzt werden, gehen sie mittel- und langfristig als kompetente und qualifizierte Arbeitskräfte verloren. Diesem drohenden Ausschluss von Frauen aus dem Berufsleben ist unbedingt vorzubeugen. Die Maßnahmen liegen aber nicht in der alleinigen Verantwortung der Politik. Mit der Frage der Kinderbetreuung und der Bildung von Kindern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten sich auch die Wirtschaftsverbände hörbarer auseinandersetzen. Gemeinsam mit den Sozial-partnern und der Politik könnten sie Maßnahmen finanzieller und struktureller Natur aus-arbeiten, wie das Angebot von Unternehmens-Kitas oder anderen Betreuungsangeboten in den eigenen Strukturen. Es reicht,
Vorschläge der zahlreichen Initiativen und Petitionen von berufstätigen Eltern mitzutragen und sich selbst mit eigenen Initiativen einzubringen.

Barbara Verdorfer, Meran:

Für berufstätige Eltern ist eine Wiederaufnahme der Arbeit unvereinbar mit der Betreuung ihrer Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter. Die Entscheidungs-träger und politischen Verantwortlichen brauchen sich anschließend nicht über die zweite Welle zu wundern, die wahrscheinlich dadurch ausgelöst wird, dass die Kinder untertags bei Großeltern oder Bekannten oder Nachbarn „landen“.

In Südtirol laufen aufgrund eines Dekretes des Landeshauptmannes die aller-meisten Bauarbeiten wieder auf Hochtouren – zwar mit hohen Sicherheitsauflagen, aber sie laufen. Warum soll das bei der Kinderbetreuung nicht auch funktionieren? Alle Kindergärtnerinnen und jene, die die Tätigkeit der Kindergärtnerinnen (einmal pro Woche eine Bastelanleitung oder ein Liedchen per Whats-App zu verschicken) als „Arbeit“ bezeichnen, sollten sich schämen, besonders an dem Tag, an dem das volle Gehalt (=Steuergelder) auf das Konto eingeht.

Sie sollten an all jene denken, die aufgrund der Coronakrise ihre Arbeit verloren haben, ihre Arbeit zu Hause parallel zum Fernunterricht leisten müssen oder unmenschliche Schichten in den Krankenhäusern schieben müssen. Dann auch noch auf den „wohlverdienten“ Sommerurlaub zu pochen, ist blanker Hohn und Spott.

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