Coronapandemie, Hochwasser und Artensterben veranschaulichen, wie eng alles zusammenhängt. Wir sind viel verletzlicher und vernetzter, als wir geglaubt haben.
Leserbriefe
Nation und Nationalstaat
Aus ff 30 vom Donnerstag, den 29. Juli 2021
Zur Fußball-Europameisterschaft
Die Tatsache, dass die Fußball-Elf aus Italien – wohl gemerkt nach Elfmeterschießen – den Sieg errang und dadurch Europameister wurde, sah man in der Gesellschaft des Staates Italien millionenfach als einen Sieg dessen, was man in Europa mehrmals Nation nennt. Elf Spieler galten als Vertreter von Staaten, einerseits des englischen Staates, andererseits eines Bruchteils der britischen Hauptinsel. Wenn anschließend an das EM-Finale Leute überschwänglich jubelten: „Wir sind Europameister!“ oder ihre Wunden leckten und klagten: „Wir haben es (aufgrund farbiger Spieler, was an eine Dolchstoß-Legende erinnern könnte) nicht geschafft“, kann man nur feststellen: Millionen Jubelnder oder Enttäuschter haben überhaupt nicht mitgespielt, sie haben sich jedoch mit Sieg oder Niederlage identifiziert. Im Mannschaftssport wird heute noch in nationalstaatlichen Kategorien gedacht und interpretiert: Staaten werden, genauso wie im 19. Jahrhundert mit sogenannten Nationen, mit Völkern gleichgesetzt.
Auch die leidvolle Tatsache, dass Faschisten nationale, sprachliche und ethnische Uniformität herstellen wollten, zeigte sich sowohl in der Mitte als auch im Südwesten unseres Kontinents am Ende des Zweiten Weltkriegs beziehungsweise nach 1974 als eine irreale Weltsicht, also eine Utopie oder als ein Postulat, das nur eine geltendem Menschenrecht völlig entgegengesetzte totalitäre Gewaltherrschaft umzusetzen versuchen kann. Diese Versuche sind bisher alle kläglich misslungen, auf dem Misthaufen der Weltgeschichte abgelagert. Auf diesen Misthaufen sollten alle Ideen und Vorstellungen dieser Art entsorgt werden.
Georg Lezuo, Bozen
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