Leserbriefe

Nur Mut, Draghi!

Aus ff 33 vom Donnerstag, den 19. August 2021

Leserbriefe
Leserbriefe © ff-Media
 

Impfpflicht? Kommentar auf den „Panorama“-Seiten in ff 31/21

Sehr geehrter Norbert Dall’Ó, ich hoffe, Sie sprechen mit Ihrem Schlachtruf „Nur Mut, Draghi, Impfpflicht für alle!“ im eigenen Namen. Aber ich erinnere mich an die kaum verhüllte Kritik in einem Interview mit der Salto-Chefredakteurin, weil in diesem Onlineportal Menschen unzensiert ihre Meinung äußern, die mit dem einen Glaubensbekenntnis Schwierigkeiten haben.

Ich habe versucht, Sie zu verstehen und bin am Ende zu zwei Interpretationen gelangt, eine gute und eine weniger gute.

Die gute: Diese Zeit ist für Journalistinnen eine brutal schwere. Wer seinen deontologischen Kodex nicht vor der Tür abgibt, findet sich vermutlich in einem permanenten Konflikt betreffend den eigenen Anspruch auf sachliche, ausgewogene, vollständige und transparente Information der Bürgerinnen zu Corona. Auf die Dauer ist der kaum auszuhalten. So ist ein solcher Befreiungsschlag „Impfpflicht für alle“ ein nachvollziehbarer Notruf eines integren Journalisten: „Nur Mut, Draghi“ – weil mein Mut zu Ende geht.

Die weniger gute: Was ist mit unseren kritischen, liberalen Intellektuellen geschehen? Da zieht der erste schwere Sturm auf, und sie versinken in Schweigen, reden Diffuses, oder sie öffnen die innere Tür, wo der alte/junge Teil von uns allen wohnt, mit seiner Geschichte, der verletzt und wütend still auf seinen Tag wartet. Ja, der will ihn wirklich, den starken Mann, der endlich aufräumt, Klarheit, Schutz und Sicherheit bringt und die ‚anderen‘ in den sozialen Tod schickt: „Schluss mit dem Unfug. Nur Mut, Draghi!“ Norbert, wie wäre der Satz „Impfpflicht für niemanden“? Der hat doch mehr Würde. Eine Stütze wäre die Verordnung (EU 2021/953) des europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2021, Punkt 36: „Es muss verhindert werden, dass Personen, die nicht geimpft sind – sei es weil … oder weil sie sich gegen eine Impfung entschieden haben – mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden.“

Erwin Demichiel, Bozen

Leserkommentare

Kommentieren

Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.