Leserbriefe

„Raus aus der Angst“

Aus ff 36 vom Donnerstag, den 09. September 2021

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Die Komplexität der Pandemie: Interview mit dem Psychoneuroimmunologen Christian Schubert in ff 35/21

Christian Schubert vermischt fröhlich Vermutungen zum Beispiel zum Ursprung und zum „Zweck“ der Pandemie mit Binsenwahrheiten

wie etwa dass Psyche und Immunsystem zusammen-hängen.

Dass No-vax-Anhänger und Verschwörungsgläubige genau diese Angst schüren, indem sie mit unbewiesenen Behauptungen vor der einzig derzeit hilfreichen Medizin gegen das Virus warnen, scheint Schubert nicht weiter zu stören. Dabei ist gerade die Impfung vorläufig das beste Gegenmittel. Seine Aussagen, es gebe Mittel gegen die Erkrankung, sind ebenfalls nicht zutreffend. Außer Cortison und Heparin ist derzeit leider noch nichts wirklich Neues vorhanden. Die unkritische Verehrung des schwedischen Weges wäre ebenso zu hinterfragen. Jedenfalls zeugen die vergleichsweise vielen Todesfälle in Schweden von durchaus diskutablen Methoden.

Last but not least: Der wiederholte Hinweis auf die Mitverantwortung jedes Einzelnen bei der Schwere seiner Infektion entbindet den Arzt im akuten Fall nicht von seiner Verpflichtung, dem Erkrankten zu helfen, ganz konkret und bei Covid heißt das schulmedizinisch. Seine Belehrungen zum gesunden Lebensstil kann sich Schubert aufsparen auf später, im Moment wird davon
niemand gesund.

Peter Storm, Meran

Herr Prof. Dr. Christian Schubert bedient in diesem Interview mit der Autorität eines Wissenschaftlers der Universität Innsbruck die schlimmsten Ideen und Vorurteile sogenannter Querdenker: Pharmafirmen machen mit politicher Unterstützung Kasse, und sogenannte Leitmedien unterdrücken potenziell lebensrettende Informationen. Die Politiker tyrannisieren die Bevölkerung mit ängstigenden Informationen und Maßnahmen, die mehr schaden als nützen.

Einige Aussagen des Interviews sind korrekt und gehören auch bei sogenannten Schulmedizinern längst zum Alltagswissen. Das ganzheitliche biopsychosoziale Modell wird bereits seit Jahrzehnten unter anderem in der Schmerztherapie als zielführend anerkannt. Einer angeblich unüberwindbaren Spaltung von medizinischer Gegenkultur und sogenannter Schulmedizin das Wort zu reden, halte ich für verantwortungslos. Wissenschaftlich fundierte Medizin beinhaltet das stetige Ringen um Evidenz und erfordert eine kritische Diskussion unter allen Beteiligten. Kollege Schubert verweigert sich allerdings diesem wissenschaftlichen Konsens mit der Aussage: „Wie andere zu meiner Meinung stehen, ist mir egal“.

Für absolut inakzeptabel und unethisch halte ich die Aussage, dass an Covid Erkrankte und Verstorbene durch ihren ungesunden Lebensstil selbst schuld an ihrem Schicksal sind und selbst bei gesunden und sportlich fitten an Covid erkrankten jungen Menschen im Hintergrund ein psychischer Konflikt lauert, der nun durch Corona zum Vorschein kommt. Was für eine argumentative Anmaßung!

Ein Zuviel an Ängsten ist krankheitsförderlich. Aber gerade durch die ungefilterte Informationsflut unseriöser Meinungsmacher werden Teile der Bevölkerung in Panik versetzt. Mit seiner nicht wissenschaftlich fundierten Vision für den Herbst – wie reagieren Geimpfte auf den Kontakt mit dem Virus – schüttet er noch mal Benzin ins Feuer der Ängste.

Rolf Klaus Friedrich, Meran

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