In der Haushaltsrede des Landeshauptmanns soll es um Grundlegendes gehen. Doch ihre Basis ist ein Widerspruch. Alles also wie immer?
Leserbriefe
Strategie Aussitzen
Aus ff 50 vom Donnerstag, den 16. Dezember 2021
ff 49/21 über die Mitarbeiterflucht bei der Caritas: Warum verlassen so viele Leute die größte Hilfsorganisation im Land?
Lange habe ich mich zurückgehalten zu den Geschehnissen in der Caritas – in der Hoffnung auf doch noch Verantwortungsbewusstsein, Mut und Herz (Herz?) der Kirchenführung. Aber es fällt mir immer schwerer zu schweigen.
Denn die Situation in der Caritas, der Umgang mit Kollegen und Kolleginnen, die ich immer sehr geschätzt habe, stimmt mich einfach nur noch traurig. Wie hier weiterhin, scheinbar unbeeindruckt von dem, was bereits geschah und geschieht, mit Menschen umgegangen wird, hat meines Erachtens mit Caritas-Werten nichts mehr zu tun. Es sei denn, ich hätte in meinen 18 Jahren als Mitarbeiterin etwas ganz falsch verstanden.
Und eigentlich hätte ich, mit Bezug auf die Aussagen von Caritas-Direktor Paolo Valente in der ff von vergangener Woche nicht den Eindruck gehabt, vor meiner Kündigung „alles gegeben zu haben, was ich geben konnte“, oder einer „Weiterentwicklung“ der Caritas im Wege gestanden zu sein.
Ein fundiert ausgebildetes 80-köpfiges Freiwilligenteam, das rund um die Uhr für Menschen in schwierigen Lebenssituationen da war, der Aufbau der Telefonseelsorge-Onlineberatung gemeinsam mit Kollegin Anita Kröss (für die – nach zehn Jahren überaus bewährter Mitarbeit – gemäß neuer Caritas-Definition „ein Wechsel des Tätigkeitsbereichs“ offensichtlich „gut für sie und für die Organisation“ gewesen sein soll), die Anfangsidee zum „Netzwerk Suizidprävention“, das Vertrauen unserer Netzwerkpartner (zuvorderst der Vinzenzgemeinschaft), die (nie endende und für mich immer fundamentale) Aufgabe, jenen Menschen eine Stimme zu geben, die sich unverstanden, ausgegrenzt, einsam fühlen …
Okay. Ich werde wirklich etwas nicht ganz verstanden haben. Aber wenn Mundhalten, fromme Worte ohne Inhalt sowie gleichgültiges, achselzuckendes Quittieren des Ausscheidens eines mittlerweile doch bedenklich großen Teils freiwilliger – und ich betone, sehr kompetenter und engagierter – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Telefonseelsorge zur „nötigen Weiterentwicklung“ gehören, von der Direktor Paolo Valente spricht, dann würde ich wirklich nicht mehr in das Gefüge der Caritas passen. Und, ach ja: Ich glaube, die Kirchenleitung wird es aussitzen. Kirche und Menschlichkeit als gelebte Haltung und als Dialog auf Augenhöhe passen offenbar nicht mehr zusammen.
Ich fange langsam an, dieser bitteren Wahrheit ins Auge zu sehen.
Silvia Moser, Schlanders (ehemalige Leiterin der Telefonseelsorge)
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