Leserbriefe

Sie sind doch alle gleich!

Aus ff 20 vom Donnerstag, den 19. Mai 2022

Putin hat viele Freunde, auch bei uns. Das ist gefährlich. Eine Entgegnung auf den Essay von Ulrich Ladurner in ff 19/22

In einem Gespräch mit dem Direktor der Zeitung Corriere della Sera vom 3. Mai hat sich der Papst über die Ursachen des Krieges geäußert in der Annahme, dass Putins Zorn „sia dovuta all’abbaiare della Nato alla porta della -Russia. Un’ira che non so se sia stata provocata, ma facilitata forse sì“. Ist der Papst also ein „Putin--Versteher“, der laut Ladurner nicht nur intellektuelle Armut bezeugt, -sondern auch das Geschäft des russischen Diktators besorgt? Will man einen Konflikt verhindern, so muss man sich bemühen, die Gründe des Gegners zu verstehen und einen Kompromiss mit ihm zu suchen. Das ist der Grundsatz des Friedens.

Den Gegner zu provozieren und seine Reaktion zu verurteilen und zu bekämpfen ist das, was die USA gerade tun.

Nach dem Zerfall der Sowjet-union wollen sie die einzige Weltmacht bleiben. Ist die Außenpolitik der USA -wirklich so viel besser als die von Russland? Julian Assange, der viele amerikanische Kriegsverbrechen aufgedeckt hat, sitzt seit drei Jahren in einem britischen Gefängnis; sollte er in die USA ausge-liefert werden, riskiert er
175 Jahre Haft. Alle diese Kriegsverbrechen waren absichtlich geheimgehalten und somit die Täter auch nicht verurteilt worden. Der Krieg in der Ukraine ist zweifellos ein unver-zeihliches Kriegsverbrechen, aber wenn wir unsere Augen für die Verantwortung sowohl von Russland als auch der USA öffnen, können wir Europa helfen sich von diesen beiden Großmächten und von ihren Machtspielen zu distanzieren. Ein vereinigtes friedliches Europa ist das wichtigste Ziel für unsere Zukunft und für die Welt.

Marco Becarelli, Bruneck