Leserbriefe

Katalonien und Südtirol

Aus ff 40 vom Donnerstag, den 06. Oktober 2022

Vor fünf Jahren wollten sich die Katalanen unabhängig machen. Warum redet niemand mehr darüber?

In Südtirols Medien war so gut wie nichts davon zu hören, zu sehen oder zu lesen, dass sich am 1. Oktober jener Tag zum fünften Mal jährte, an dem in Katalonien ein Referendum über die Unabhängigkeit des Landes abgehalten wurde, in das die von der spanischen Regierung geschickte Guardia Civil mit Härte und Brutalität eingriff.

Allein die Tatsache, dass es sich um eine in demokratischen Systemen nicht zu duldende Menschenrechtsverletzung handelt und dass Methoden zur Anwendung kamen, durch die Hunderte von Menschen zum Teil schwer verletzt wurden und die an die Militärdiktatur des Generals Francisco Franco erinnerten, hätte in der westlichen Welt und EU-weit blankes Entsetzen und lautstarke Proteste auslösen müssen. Schon damals nichts von alledem, und heute kein Wort mehr davon.

Dabei, und aus diesem Grund sollte dieses Thema Südtirol interessieren, sind die Katalanen ein Volk, das genauso nicht mit der Bevölkerung Kastiliens identisch ist, wie unsere ladinischen Landsleute es nicht mit der Toskana sind: Wie wir sind die Katalanen als Ethnie nicht Teil der staatstragenden Nation, weshalb Solidarität am Platz wäre, nicht Sätze wie „Das geht uns nichts an“, wie ich etwa zu hören bekam. Wie wäre es, wenn Österreich, Südtirols Schutzmacht, so argumentierte?

Sobald Italien eine rechts-­nationale Regierung haben wird, wird Südtirol einer ideologisch ähnlichen Staatsführung gegenüberstehen wie Katalonien im Herbst 2017.

Georg Lezuo, Bozen

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