Leserbriefe

Benedikts Erbe

Aus ff 05 vom Donnerstag, den 02. Februar 2023

Titelgeschichte in ff 3/23 über den verstorbenen ehemaligen Papst Benedikt XVI. und das unbekannte Südtirol-Kapitel in seinem Leben

Es dürfte wohl einleuchtend sein, dass man eine Person nicht nach dem Sexualleben ihrer Eltern oder Großeltern richten soll und darf: Verantwortlich ist jeder für sich und nicht für andere.

Der verstorbene Papst, mit dem ich über ganz andere Bereiche so manche hitzige Diskussion hätte führen können, konnte auch nicht geradestehen für Leute aus seiner Familie, die vor seiner Geburt gelebt hatten.

Allerdings hätte die Haltung in den genannten Belangen eine andere sein können oder sollen, womit keineswegs Relativismus oder gar Libertinismus gemeint sein sollen: Vor mehreren Jahren predigte in meiner Pfarre der lange Jahre als Missionar in Brasilien tätige Priester Don Augusto Baldrati über den Begriff Sünde, dass damit gemeint wäre, was negative Folgen hat. Wenn ein Mann ein Kind in die Welt setzt, müsste er, verheiratet oder nicht, zu seiner Verantwortung stehen, eine im Stich gelassene Mutter und ein Kind ohne Vater sind die negativen Folgen für die Betroffenen, das, und nicht sexuelle Handlungen, sind das, was kompromisslos als schlecht erkannt werden muss.

Papst Benedikt hat den Lebenswandel seiner Vorfahren – ob dieser überhaupt negativ gesehen werden soll, sei dahingestellt – nicht zu verantworten gehabt, sehr wohl kann jedoch jemand aus dem eigenen Stammbaum seine Schlüsse ziehen. Eine anders ausgerichtete, mehr ethisch orientierte und weniger der bürgerlichen Verlogenheit verpflichtete Sicht dessen, was Moral genannt werden soll, hätte man sich vom Ratzinger-Papst erwarten können.

Georg Lezuo, Bozen

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