Die Architektur-Biennale in Venedig zeigt auf, wovor die Branche die Augen verschließt. Was Südtirol daraus lernen kann.
Leserbriefe
Sündteuer
Aus ff 23 vom Donnerstag, den 08. Juni 2023
Bauen. Mieten. Kaufen. Wer kann sich das noch leisten. Titelgeschichte in ff 20/23
Das zu teure Wohnen in Südtirol ist in den letzten fünfzehn Jahren zu einem Hauptfaktor für die relative Verarmung von immer mehr Menschen geworden. Immer mehr klagen darüber, dass ihnen die Mietkosten mehr als die Hälfte, teils sogar bis zu 70 Prozent ihres durch Arbeit oder Rente verdienten Einkommens, auffressen.
Die Landesregierung hat noch in der letzten Regierungszeit Durnwalders (2008–2013) trotz heftiger Proteste der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und des Südtiroler Mieterschutzes Kapitel im Landeshaushalt für den sozialen und geförderten Wohnbau von 300 Millionen Euro/Jahr auf ein Drittel, 100 Millionen Euro, reduziert. Diese drastische Kürzung in diesem immer wichtiger gewordenen sozialen Ausgaben-Kapitel ist bis heute, in der zweiten Legislatur von Kompatscher, nicht überwunden.
Dies hat dazu geführt, dass weit über tausend soziale Mietwohnungen in den 116 Gemeinden unseres Landes nicht gebaut wurden – wegen der um 20 Prozent gestiegenen Mietpreise besteht vor allem in Meran und Bozen ein großer Bedarf.
In diesem wichtigen sozialen Bereich, dem Recht auf leistbares Wohnen, waren auch die zwei Kompatscher- Regierungen mit dem für den sozialen Wohnbau zuständigen Landesrat Christian Tommasini und nun Landesrätin Waltraud Deeg keineswegs aktiv, um Versäumnisse abzubauen und dieser sozialpolitischen Misere in unserem Lande entgegenzuwirken.
Die derzeitige Landesrätin, „Frau Dr. Unverbindlich“, hat sogar die von den Gewerkschaften und dem Mieterschutz in mehrjährigen Verhandlungen mit dem Landesrat Tommasini abgesprochenen und für die soziale Wohnbaureform schon im Herbst 2018 vorgesehenen Neuregelungen nicht umgesetzt, wie Landeswohngarantiefond, Mietzahlungsgarantie für private VermieterInnen, bei gleichzeitiger Verminderung der privaten Wohnungsmieten um 20 Prozent, eine deutlich stärkere Dotierung dieses Kapitels im Landeshaushalt, die Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Gemeinden für eine schnellere Verwirklichung eines ausreichenden sozialen Mietwohnungsbestandes. Überdies gibt es in Südtirol immer mehr Familien und Menschen, die mit privaten Mietsäumigkeitsprozessen am Landesgericht Bozen befasst sind und ihr Wohnrecht mittelfristig mit gerichtlichen Zwangsräumungen verlieren könnten. Das ist einer Autonomen Provinz Bozen mit einem Landesjahreshaushalt von über 6 Milliarden Euro unwürdig. Aber im Herbst 2023 gibt es eine Landtagswahl, bei der diese unrühmlichen sozialpolitischen Versäumnisse von den Wählenden bestraft werden können.
Christian Troger, Algund
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