Leserbriefe

Anschluss an Südtirol?

Aus ff 40 vom Donnerstag, den 05. Oktober 2023

In ff 34/23 richtete Erwin Valentini einige Fragen an jene Frauen und Männer aus Ladinien, die bei der Landtagswahl kandidieren

In meinem Beitrag habe ich die Frauen und Männer aus Ladinien, die bei der Landtagswahl antreten, gebeten, sich zu spezifischen Themen zu äußern: etwa zur Wiedervereinigung der drei ladinischen Täler des Veneto mit Südtirol, das Hissen der ladinischen Fahne bei öffentlichen Veranstaltungen, die Einführung einer gemeinsamen ladinischen Schriftsprache, die Befugnisse des Verbandes der ladinischen Gemeinden.

Da bislang keine Stellungnahmen eingegangen sind, frage ich nach dem Warum dieses Schweigens: fehlendes Interesse für die angesprochenen Themen? Oder einfach nur Verachtung der Wählerschaft oder Arroganz der sogenannten Volksvertreter? Zwar sind wir (nicht nur ich) gewöhnt, von den jetzigen ladinischen Mitgliedern des Südtiroler Landtages keine Reaktion auf kritische Fragen zu bekommen, aber von den nun Kandidierenden (acht insgesamt) hätte ich mir eine andere, positive Reaktion erwartet.

Dieses Verhalten ist in der Tat schwer zu verstehen, wenn man bedenkt, dass die angesprochenen Themen schon im „Ladinischen Memorandum“ enthalten sind; es wurde 2016 im Rahmen des Konvents für die Reform der Südtiroler Autonomie vorgelegt und von mehr als 200 Personen aus allen Schichten der ladinischen Bevölkerung unterschrieben. Die Mehrzahl der damaligen Unterzeichner wird zur Urne schreiten.

Die Wiedervereinigung der ladinischen Täler ist übrigens eine Forderung, die immer wieder von der Union di Ladins gestellt wurde, zuletzt bei der Tagung am 14. Juli in Cortina d’Ampezzo. Die Notwendigkeit einer Standardsprache für die Sprachminderheiten wurde kürzlich von der europäischen Minderheitenvereinigung Fuen bekräftigt.

Gewiss, die ladinische Einheit steht zurzeit nicht im Zentrum des öffentlichen Interesses; dennoch glaube ich, dass die Menschen das Recht haben, auch die Ansichten und Vorschläge der Kandidierenden zu diesem Thema zu kennen, bevor sie zu den Wahlurnen schreiten. Warum sollte man jemanden wählen, der zu einem Grundanliegen der Bevölkerung nichts zu sagen hat oder nichts sagen will. Es sei bemerkt, dass es hier nicht um rein kulturelle Forderungen geht, sondern letztendlich um das Überleben der ladinischen Minderheit als autonome Sprachgruppe.

Die Landtagswahl ist am 22. Oktober. Bis dahin haben die Kandidatinnen und Kandidaten Zeit, der Wählerschaft ihre Vorschläge mitzuteilen – sie wäre ihnen dafür äußerst dankbar.

Erwin Valentini, München, Badia/Abtei

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