Leserbriefe

Balance der Interessen

Aus ff 35 vom Donnerstag, den 29. August 2024

Der Tourismus in Südtirol: Leitartikel von Georg Mair in ff 32/24; Leserbrief von Christof Niederkofler in ff 34/24

Der Chefredakteur der ff schreibt wieder einmal über den Tourismus. Eingangs positiv: Er sagt, dass Südtirol „ohne den Tourismus verarmen würde“. Das ist mal eine Aussage. Und der stimme ich zu. Und auch der Aussage, dass wir die richtige Balance finden müssen. Wobei von einem „Immer-Mehr“ keine Rede mehr sein kann. Ich darf an dieser Stelle an das Landestourismus­entwicklungskonzept ­erinnern. Dieses setzt sehr enge Leitplanken.

Was wäre aber ein ff-Leitartikel zum Tourismus ohne eine Breitseite gegen die gewerblichen Betriebe bzw. die Arbeitgebenden im Tourismus? Diese Woche geht es um die angebliche Geringschätzung gegenüber den eigenen Arbeitnehmer:innen. Wenn in Zeiten des Fachkräfte- und Mitarbeitermangels der Sektor jährlich mehr Mitarbeitende verzeichnet hat, dürfte im Gastgewerbe doch einiges richtig gemacht werden. Der jüngst abgeschlossene Landeszusatzvertrag, mit einem im Vergleich zu anderen Branchen höheren Landeszusatzelement, oder der Saisonzuschlag in Höhe von acht Prozent, was in etwa einem zusätzlichen Monatsgehalt auf Jahresbasis entspricht, tragen das Ihre dazu bei.

Was den Hinweis im Leitartikel auf die Absprungraten der Absolventinnen und Absolventen der gastgewerblichen Schulen betrifft, wiederhole ich gerne, was bereits per Pressemitteilung des HGV mitgeteilt wurde: Das AFI hat eine Zahl aus dem Zusammenhang gerissen, die in der Studie „Jugend und Berufseinstieg“ des Arbeitsmarktservice vom Mai 2023 enthalten ist.

Dort liest man, dass zehn Jahre nach Abschluss der Berufsschule von 100 Abgänger:innen noch 37 im Gastgewerbe tätig sind. Diese Studie zeigt aber auch auf, dass bezogen auf alle Berufe zehn Jahre nach Abschluss der Berufsschule 38 von 100 Schülerinnen und Schülern im erlernten Beruf tätig sind (bei den handwerklich-technischen Berufen sind es 42). Das Gastgewerbe schneidet hier also ähnlich ab wie die anderen Beruf­ssparten. Damit will ich nichts schönreden, sondern die Zahl in Relation setzen. Das trägt dazu bei, ein Phänomen besser zu begreifen, das quer durch alle Branchen geht. Daher abschließend die Bitte, bei Analysen zum Tourismus in die Tiefe zu gehen und zum besseren Verständnis auch Vergleiche zu ziehen, anstatt Halbwahrheiten zu recyceln und Unternehmerinnen und Unternehmer in ein falsches Licht zu rücken.

Raffael Mooswalder, HGV-Direktor, Bozen

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