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Außensicht
Fußball: Die Stunde der VARheit
Aus ff 27 vom Donnerstag, den 04. Juli 2024
Seit etwa sechs Jahren werden Schiris auf dem Fußballfeld vom VAR, ein durch Videobeweis unterstütztes Schiedsrichterteam, begleitet. Und genauso lange gibt es Diskussionen über den Sinn dieser und anderer Technologien (wie etwa dem „Ball-EKG“, bei dem mittels einem Chip im Fußball eventuelle Abseitspositionen oder Handspiel festgestellt werden können).
Dabei sind Spieler, Fans und Schiedsrichter in etwa gleich große Lager geteilt. Auf der einen Seite nimmt die Zahl der Fehlentscheidungen nachweislich ab, Diskussionen werden vermeidbarer (wenn auch nicht immer vermieden), Regeln klarer ausgelegt, den Unparteiischen auf dem Feld wird der Rücken gestärkt. Auf der anderen Seite ...
Auf der anderen Seite ist Sport auch immer mit Emotionen verbunden. Vor allem Fußballfans lieben gute Geschichten, und hätte es den VAR vor 60 Jahren schon gegeben, wären viele von ihnen nie geschrieben worden. Allen voran die der „Hand Gottes“, die Diego Armando Maradona unter den argwöhnischen Kamera-Augen des VAR wohl nicht 1986 zu warholschen 15 Minuten Berühmtheit verholfen hätte, geschweige denn zu einem fixen Eintrag in die Annalen der Popkultur. Oder die Geschichte des Wembley-Tors im Endspiel England gegen Deutschland 1966, eines der meistdiskutierten Ereignisse im Fußball – natürlich vor allem von den Deutschen, die dem VAR spätestens nach dem Achtelfinalspiel der diesjährigen EM gegen Dänemark wohlwollend gegenüberstehen dürften.
Ein weiteres Argument gegen den VAR ist die zeitraubende Analyse, die den Spielfluss unterbricht. Aber das passiert auch durch Flitzer und Spieler, die sich leidend auf dem Rasen wälzen, anstatt Fußball zu spielen. Vielleicht kann man in Zukunft den einen oder anderen versuchsweise verkabeln oder chippen – und so sterbende Schwäne auf dem Rasen als schauspielerisch talentierte lahme Enten entlarven (looking at you, Italy).
von Bettina Conci | Schreibt Kolumnen, Kurzgeschichten, Kindgerechtes und Kontroverses
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