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Außensicht
Ermittlungen Benko-Hager: Die Schuldvermutung
Aus ff 51 vom Donnerstag, den 19. Dezember 2024
Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung.“ Die Moral im Land ist wieder mal zur Sau. Aber es gilt die Unschuldsvermutung, natürlich. Das Wörtl „natürlich“ ist das fieseste in dem Satz, der seit 14 Tagen litaneihaft aus allen Nachrichten dröhnt. Es kommt zuwege wie der Lacher auf den eigenen Witz, den der Sprecher gerade erzählt hat. Vorausgegangen ist das komplette Sündenregister einer angeblichen Verbrecherbande, zugeordnet zu Namen von Personen und Artikeln des Strafgesetzbuchs, um, natürlich!, im erlösenden „Es gilt die Unschuldsvermutung“ zu enden.
Der Satz soll einmal ins Strafrecht eingeführt worden sein, um Beschuldigte vor Vorverurteilung in Schutz zu nehmen. Inzwischen ist er zum Freibrief für Vorverurteiler geworden. Jeder kann jedem jede Schandtat anhängen, es reicht, dass er seinen Verdächtigungen das Schwänzchen von der Unschuldsvermutung hintanhängt. Tschuldigung!
Um redlich zu sein: Ganz so einfach ist es nicht. Jedenfalls nicht mehr. Die ehedem hehre Errungenschaft unserer Rechtsordnung ist wohl zur Floskel verkommen, ein Persilschein für Verfehlungen ist sie Gott sei Dank nicht. Eine Bankrotterklärung seriöser Berichterstattung aber leider schon. Der unverurteilte Beschuldigte, den der Grundsatz eigentlich schützen soll, muss ihn zum Schaden hinzu als Spott empfinden: Ich heiße dich einen Lump, aber no problem, vermutlich bist du’s nicht.
Der immer wache Blogger Hartmuth Staffler hat zu Beginn der jüngsten Benko-Hager-Affäre auf Salto als kleinen Seitenhieb auf alle bekennenden Unschuldsvermuter sein Recht auf „Schuldvermutung“ beansprucht. Das war keck. Es werden jetzt noch allerhand Vermutungen auftauchen. Und die, die sie treffen, werden alle Unschuldsvermutung beanspruchen. Zu Recht. Trifft es Politiker, hat für sie aber weiter das Gebot für Cäsars Frau zu gelten: Cäsars Frau, hieß es seinerzeit, hat nicht nur tugendhaft zu sein, sie muss auch tugendhaft erscheinen. Wir werden schauen.
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